Träumen erlaubt: Das Filmmuseum zeigt Werke arabischer Dokumentaristinnen

FALTER:Woche, FALTER:Woche 12/2023 vom 22.03.2023

Schon lange vor der Jasminrevolution 2011 galt Tunesien als Vorreiter für Frauenrechte in der arabischen Welt. So begibt sich in "Fatma 75", der berühmten Doku-Fiction der tunesischen Regisseurin Selma Baccar, eine Studentin namens Fatma (Jalila Baccar) auf eine Reise durch die Jahrhundert, um für ein Referat über die Frauenbewegung in ihrem Land zu recherchieren. Sie spricht mit adeligen Frauen aus der Geschichte und mit zeitgenössischen Revolutionärinnen, die für ein unabhängiges Tunesien kämpfen; besonderes Augenmerk wird auf die 1930er-bis 1950er-Jahre gelegt, in denen das sogenannte Personenstandsgesetz erkämpft wurde, das die Gleichstellung von Frauen und Männern institutionalisieren sollte.

Baccars toller Film von 1975 eröffnet die Reihe "Permissible Dreams" im Österreichischen Filmmuseum, die den "Pionierinnen des arabischen Dokumentarfilmkinos" gewidmet ist. Mehr als 30 Arbeiten, überwiegend kürzere Formate, stehen auf dem Programm: historische Filme aus der Region des Nahen Ostens, der arabischen Welt oder Südwestasiens und Nordafrikas, deren Macherinnen sich politisch mutig und feministisch positionierten.

So unterschiedlich die Filme von Ateyyat El Abnoudy aus Ägypten, Jocelyne Saab aus dem Libanon, Assia Djebar aus Algerien, Hala Alabdallah Yakoub aus Syrien, Mai Masri und Khadijeh Habashneh aus Palästina sein mögen, es handelt sich um ein marginalisiertes, bei uns wenig beachtetes Filmschaffen. Innovativ zu sein, kann man gewiss nicht allen gezeigten Arbeiten unterstellen, doch weisen beispielweise Izza Géninis von Musik und traditionellem Zeremoniell getragene Filme wie "Rhythms de Marrakesh" (F/Marokko 1989) eine künstlerisch eigenständige Handschrift auf.

Geschichte geschrieben hat auch Heiny Srour aus dem Libanon, die mit "The Hour of Liberation Has Arrived" 1974 als erste arabische Regisseurin beim Festival in Cannes vertreten war. Mit radikalen Stilmitteln und erdrückendem Voice-over feiert der wütende Doku-Essay die Heldinnen der Dhufar-Befreiungsfront im langjährigen Kampf gegen das anglo-sultanische Regime.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

"FALTER Arena - Journalismus live" - Baumann/Klenk/Niggemeier/Thür - 1. Oktober, Stadtsaal
Diskussion zum Thema "Lügenpresse? Die Vertrauenskrise des Journalismus"