Cringe: Neues altes "Frühlings Erwachen"

FALTER:Woche, FALTER:Woche 14/2023 vom 05.04.2023

Einen Fehler vermeidet der Regisseur Thomas Birkmeir: Er spielt nicht die Original-Kindertragödie von Frank Wedekind aus dem Jahr 1891. Die Botschaft des für Erwachsene geschriebenen Stückes ist überholt: Die frömmlerische Sexualmoral der Erziehungsberechtigten ruiniert die jungen Menschen.

Für das von ihm geleitete Theater der Jugend schrieb Birkmeir eine heutige Fassung von "Frühlings Erwachen" mit einem Publikum ab 13 im Visier. Statt unaufgeklärt zu sein, reflektiert Moritz Stiefel hier über die Abstumpfung durch übermäßigen Pornokonsum vor dem ersten Mal, während seine Mitschülerin Wendla Bergmann mit ihrer empathischen Mutter über die Pille und ein Tattoo verhandelt. Die auf den ersten Blick spannende Modernisierung erweist sich aber leider bald als Mogelpackung.

Birkmeir versucht nicht einmal, die drängenden Fragen Pubertierender der Generation Fridays for Future zu eruieren. Stattdessen zwängt er ihnen jene des Jahres 1891 auf - Atheismus? Wow, spannend! - oder thematisiert Mobbing, worüber es etliche bessere Stücke gibt.

Das Ensemble - besonders Victoria Hauer als Wendla - leistet ganze Arbeit, die Peinlichkeiten des Textes abzumildern. Es nutzt aber alles nichts: Das Ganze ist ziemlich cringe (falls man das, Stand Frühling 2023, noch so sagt).

Theater der Jugend - Renaissancetheater, Di, Do 20.00, Mi 16.00,20.00

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