Das Josefstadt-Ensemble findet zu sich
Maxim Gorkis "Sommergäste" will kein Drama sein. In einzelnen Szenen zeigt der russische Autor (1868-1936) die "Intelligenz" des Jahres 1904, wie sie an einem See den Sommer verplaudert. Gelegentlich verlieben sich welche, es gibt etwas Ärger, viel passiert nicht. Die Uraufführung kurz vor der missglückten Revolution geriet zum Skandal.
In der modernen Fassung des deutschen Regisseurs Elmar Goerden ist es das linksliberale Bürgertum, das sein wohlstandsverwahrlostes Dasein zwischen Surfbrett und Beer Pong fristet und allmählich spürt, dass mit der Welt da draußen etwas nicht stimmt. Einige sprechen das an - Martina Stilp als engagierte Ärztin etwa, die an ihrer genderfluiden Tochter verzweifelt (Katharina Klar, beide fantastisch) -, andere wollen es partout nicht hören, etwa der Ingenieur Suslow (Günter Franzmeier).
Das Ensemble der Josefstadt findet in diesen gut drei Stunden auf wunderbare Weise zu sich selbst, vor allem die Schauspielerinnen. Goerden hat ihnen offenbar maximal natürliches Spiel verordnet: Niemand "sendet", alles fließt. Das ist schmerzhaft, schräg und insgesamt ziemlich bemerkenswert.
Möge diese Aufführung von geduldigen Feingeistern gestürmt werden. Sie verdient ein Publikum abseits der Josefstadt-Stammgäste.