Die Bühne gehört euch
Nachhilfe
Ich habe aufgehört zu zählen, zu wie vielen Podien und TV-Debatten zum Thema Cancel Culture ich bereits eingeladen wurde. Kein einziges Mal habe ich zugesagt. Ich weiß von Veranstalterinnen* dieser Diskussionen, dass es ihnen sehr schwerfällt, Menschen mit meinem Profil - also weiblich, migrantisch und der Meinung, dass man mit seinem Sprachgebrauch Menschen nicht verletzen sollte - für derlei Debatten zu gewinnen. Ich sehe die Sache zudem wie der Stanford-Professor Adrian Daub, der in seinem 2022 erschienenen Buch "Cancel Culture Transfer - Wie eine moralische Panik die Welt erfasst" schreibt: Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für eine Kultur des Cancelns, bloß anekdotische Erzählungen. "Vielleicht fällt es den Zeitungen einfach nicht auf, dass sie sich zu Handlangern und Verstärkern ideologisch motivierter Realitätsverdrehungen machen", sagt er. Ich glaube, es fällt ihnen sehr wohl auf, aber "Cancel Culture" verkauft sich gut. Ich besuchte neulich eine Veranstaltung, bei der das neue Buch des Philosophen Konrad Paul Liessmann vorgestellt wurde, in dem es auch um sein Lieblingsthema Cancel Culture geht. Ich konnte dem Vorgelesenen nicht wirklich folgen, also googelte ich am Heimweg sein Buch. Mir erschien sogleich ein Videointerview im Standard, in dem Liessmann mehrmals das N-Wort ausspricht und lange erklärt, warum er überhaupt nicht einsieht, warum er das nicht machen sollte, wenn er es zitiert.