Öko ist sexy!

WeFair, die Linzer Messe für ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit, gastiert mit ihren hehren Zielen erstmals in Wien

FALTER:Woche, FALTER:Woche 15/2023 vom 12.04.2023

Bequeme Unterwäsche von Körbchen, bei der Sinnlichkeit nicht auf der Strecke bleibt (Foto: Ben Parker/Körbchen)

Vor gut zehn Jahren sah sich Wolfgang Pfoser-Almer bei diversen großen Mode-Diskontern auf der Mariahilfer Straße nach einem passenden Hemd um. Der gebürtige Oberösterreicher probierte eine ganze Reihe an Modellen der diversen Billig-Kollektionen, gefiel sich aber in keinem wirklich. Beim Warten auf die U-Bahn bemerkte der heute 47-Jährige erst, welche Folgen das letztlich erfolglose Hemdprobieren für seine Haut hatte.

Überall dort, wo sie mit Hemdstoff in Kontakt gekommen war, zeigte sie massive Rötungen. "Mir wurde heiß und dann schwarz vor Augen", erinnert sich Pfoser-Almer. Als er wieder zu sich kam, lag er ausgestreckt auf dem Bahnsteig. Über ihn gebeugt, mit besorgtem Gesicht, seine Frau.

Was war passiert? "Bei einem dieser Hemden muss dem Arbeiter die Pestizidschleuder ausgekommen sein", glaubt der Mann, der beruflich seit 15 Jahren zwischen Linz und Wien pendelt - stets per Zug übrigens. Sein Körper habe aufgrund des Chemiecocktails im Kleidungsstück derart heftig reagiert. Zur Erklärung: Bevor Fast-Fashion-Textilien im südasiatischen Frachthafen in Containerschiffen landen, werden sie mit Insektengift besprüht, damit sie ihre Reise um die halbe Welt schädlingsfrei überstehen.

"Da mach ich nicht mehr mit!", sagte sich Pfoser-Almer damals. Seit seinem Schockerlebnis trägt er ausschließlich Öko-Mode, und seit 2017 geht der Ökonom und Filmproduzent das Thema auch beruflich an. Er leitet die geschäftlichen Belange der Nachhaltigkeitsmesse WeFair, einer Pionierin auf diesem Gebiet. Von 14. bis 16. April findet sie erstmals in Wien statt, in der Marx Halle.

Diese Verkaufsschau ist die größte heimische Messe, deren Fokus ausschließlich auf nachhaltigem Konsum liegt. Seit 15 Jahren geht sie in der Linzer Tabakfabrik und im Design Center über die Bühne und zieht dort jeweils bis zu 15.000 Menschen an. Getragen wird WeFair von den NGOs Südwind, Klimabündnis und Global2000. Mitinitiiert hat sie der damalige oberösterreichische Umweltlandesrat und spätere Gesundheitsminister Rudi Anschober.

Bereits seit drei Jahren will die Veranstaltung auf Reisen gehen; unter anderem, um anderen Verbrauchermessen wie der viel kleineren Green World Tour nicht alleine das Feld zu überlassen. "Wir können das besser", erklärt der WeFair-Geschäftsführer selbstbewusst über das deutsche Pendant, das seit einiger Zeit auch in Wien präsent ist. Die Wirren der Pandemie haben den WeFair-Ausflug in die Hauptstadt allerdings bis heute verzögert.

"Was mache ich auf einer Gewandmesse?", hätten ihn Bekannte und potenzielle Sponsoren immer wieder gefragt, erzählt Pfoser-Almer. Deshalb habe man 2020 zwei Buchstaben aus dem ursprünglichen Namen WearFair gestrichen. WeFair wendet sich nun an Menschen, "die zusammenhalten, um Klima und ökologische Probleme zu bewältigen".

Die Ausstellerliste signalisiert bei positiver Betrachtung Vielfalt, kritisch könnte man sie auch als "Kraut und Rüben"-Mixtur bezeichnen. In der Marx Halle reicht die Palette jedenfalls von Mode, Kosmetik und Ernährung über eine nachhaltige Bank und die einzige mit dem österreichischen Umweltzeichen geadelte Hotelkette bis zum Onlineshop für Gebrauchtwaren.

Unter den 177 Standlerinnen und Standlern sind auch Pioniere der ersten Messe-Stunde vertreten, die Eferdinger Designerin Ingrid Gumpelmaier-Grandl beispielsweise. Die Kollektionen der 54-Jährigen - sie umfassen Größen zwischen XS und XXXL - werden in Nepal in kleinen Manufakturen genäht. Dort hat sich die Unternehmerin, die auch in den Weltläden und über einen eigenen Katalog verkauft, ein Netzwerk aus Näherinnen, Siebdruckern, Webern, Filzwerkstätten und einem Silberschmied aufgebaut. Ihre Zielgruppe reicht von Mittdreißigern bis hin zu Pensionistinnen. "Wir waren früher Hippies", habe erst unlängst eine ältere Dame, die mit Freundinnen ins Atelier kam, stolz erzählt. Bei Fairytale finden sie heute Outfits für reifere Blumenkinder.

Einen Stand mit Wäsche für darunter betreibt das Wiener Lingerie-Duo mit dem bezeichnenden Namen Körbchen. Die beiden Designerinnen Victoria Lohninger und Elisabeth Leitner nähen in Margareten Spitzen-Bralettes, also weiche BHs ohne Polsterung und Bügel, und dazu passende Unterhosen. Die Linie Sarom des Waldviertler Unternehmens Herka Frottier hat bei WeFair Jumpsuits und Bademäntel für darüber im Angebot.

Viel Spaß beim fairen Gustieren und Probieren!


WeFair: Marx Halle, 14.4., 14.00 bis 19.00, 15.4., 10.00 bis 19.00 16.4., 10.00 bis 18.00

Information: wefair.at

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