Blattkritik

Bild-Message-Control: Wie fast alle Medien auf ein Kanzleramts-Presse-Bild zurückgriffen

Medien, FALTER 16/2023 vom 19.04.2023

Stellen wir uns kurz einmal vor, der Bundeskanzler würde zu einer Veranstaltung nur Fotografen einladen. Als Service gäbe es für alle Zeitungen die gleichen Textbausteine, die alle gratis verwenden dürfen. Das ist in der Realität völlig unvorstellbar. Bei den Fotos ist das allerdings gelebte Realität." Diese Analyse stammt vom langjährigen Pressefotografen Matthias Cremer, der für den Standard und auch den Falter arbeitet.

Er hat sich angeschaut, wie Österreichs Tageszeitungen ihre Artikel zum Mittwoch dieser Woche geplanten "Autogipfel" von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) bebildert haben. Dazu hatte der Kanzler am Freitag vergangener Woche zu einem Pressegespräch geladen. Als Service gab das Kanzleramt -wie so oft - danach Fotos an die Redaktionen weiter. Es zeigte Nehammer am Tisch, umringt von Journalisten, meistens mit dynamischen Gesten. Und die Tageszeitungen druckten diese PR-Bilder fast alle ab, manchmal sogar ohne Hinweis auf das Kanzleramt als Quelle (Heute, Tiroler Tageszeitung). Nur Standard und Presse verwendeten eigene Fotos. Dafür haben sie nicht nur einen Redakteur, sondern auch einen Fotografen zum Kanzler-Pressetermin geschickt. Offenbar ein Aufwand, den viele Redaktionen in Sparzeiten scheuen. Cremers Fazit: "Es ist ganz übel bestellt um die Pressefotografie in Österreich."

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