Wie schlimm ist Lipa?
Eine österreichische Organisation soll im Flüchtlingslager Lipa in Bosnien mit Steuergeld ein "europäisches Guantánamo" bauen. Aber viele der Vorwürfe sind nicht haltbar. Das Camp ist in einem besseren Zustand denn je
THEATER Kritik
Alles was ich /weiß ist Schnee", heißt es in einer Übersetzung des Lyrikers Durs Grünbein. Auch die Dramatikerin Claudia Tondl nutzt das winterliche Wetterphänomen für Poesie. Sie vergleicht die Menschengemeinschaft mit Flocken, die erst tanzen und sich dann zu einer schweren Masse verdichten. Tondls Stück "Schnee" trug einmal den Titel "Kodokushi", das japanische Wort für "vereinsamtes Sterben". Dass eine Nachbarin lange tot in ihrer Wohnung lag, stört den Alltag eines Paares mit sowieso schon angeknackster Beziehung. Das Übliche: Eifersucht, zu viel Arbeit, gereizte Kommunikation.
Drei Figuren wiederholen immer wieder die gleichen knappen Dialoge; abwechselnd nehmen diese Figuren verschiedene Positionen innerhalb des Paares ein. Uraufführungsregisseurin Ingrid Lang führt Isabella Knöll, Christoph Radakovits und Katharina von Harsdorf mit großer formaler Strenge, die alte Frau ist als stummer Geist ebenfalls präsent (Rahel Ohm). Alle Emotionen sind präzise geregelt, Lukas Lauermann untermalt sie atmosphärisch am Cello sowie mit elektrisch erzeugtem Knacksen und Schnalzen.
Auch wenn einige Szenen vage lassen, was sie erzählen wollen, spürt man, dass die Regisseurin es genau weiß. Ein zarter Abend, eine Schneeflocke.