THEATER Kritik

Theater im Theater im Theater, gut schlecht gespielt und richtig deppert

MARTIN PESL
Lexikon, FALTER 16/23 vom 19.04.2023

Es ist aus, es ist aus!", jammern sie alle im Chor. Die Aufführung sei abgebrochen worden, das Publikum habe gepfiffen und gebuht, so schlecht sei sie gewesen. In einem albtraumhaften Vorgriff (fast) aufs Ende des Stücks kriechen Gestalten unter dem Vorhang hervor. Dieser hebt sich sodann und gibt eine hölzerne Pawlatschenbühne im Saloon-Stil frei, auf der Seite stehen die Transportkisten. Am eigentlichen Beginn des Schwanks "Der Raub der Sabinerinnen" der Brüder von Schönthan aus dem späten 19. Jahrhundert liegt Gymnasialprofessor Gollwitz (Sabine Haupt) gelangweilt auf zwei Bücherstapeln. Seine Haushälterin Rosa (Dorothee Hartinger) eröffnet ihm in freudiger Erregung, dass ein Wandertheater in der Kleinstadt sei.

"Es spielt die Striese & Striese Company", behauptet das Programmheft zu dieser Bearbeitung durch die Autorin Svenja Viola Bungarten und die Regisseurin Anita Vulesica. Die Theater-im-Theater-Komödie erhält also noch eine weitere Metaebene. Den im Original heftig sächselnden Direktor Striese gibt Birgit Minichmayr mit Charles-Bronson-Look (andere sagen: Rainer Werner Fassbinder) und einer Sprache zwischen Bairisch und miserablem Amerikanisch. "Der Kaiserin ihre Töchter" (englisch: "The Empress Her Daughters") ist der größte Hit der Truppe. Nun aber will Striese eine Römertragödie des Professors aufführen. Er weiß: Wenn lokale Größen etwas schreiben, kommt das Publikum herbeigeströmt, egal, wie erbärmlich es ist.

Wenn schon Komödie ohne Tiefgang, dann bitte gleich richtig deppert. Stefanie Dvorak spielt etwa beide Töchter Gollwitz', eine hysterisch, die andere stoisch-steif. Den Papagei der Familie verkörpert die Souffleuse (Annemarie Fischer), die aber weder nachplappert noch souffliert, sondern ständig widerspricht. Vulesica treibt das Ensemble zu einem Overacting, das unter anderen Umständen als ganz schauerlich zu bezeichnen wäre. Hier aber geht es ja gerade um affige Schmierenkomödie, und alle spielen sehr gut schlecht.

Ach, Amateurtheater ist doch dann am besten, wenn es von Profis gemacht wird.

Akademietheater, Sa 19.30

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