Wer den Wal hat, hat die Qual

FALTER:Woche, FALTER:Woche 18/2023 vom 03.05.2023

Eigentlich muss man sagen: Die Qual hat, wer den Wal noch nicht hat. Das gilt jedenfalls für den berüchtigten Kapitän Ahab aus Herman Melvilles Abenteuerroman "Moby Dick", aber auch für die gesamte Crew auf dem Walfänger Pequod. Gegen jede Vernunft hat Ahab sich in der Jagd auf seine Nemesis, den weißen Wal Moby Dick, verbissen. Erzählt wird das -im Buch wie in der Theaterfassung des Regisseurs Michael Schachermaier für ein Publikum ab elf Jahren -aus der Sicht Ismaels.

Diesen gibt hier Jonas Graber als äußerst aufgeregtes Kind mit leuchtenden Augen, dessen Enthusiasmus freilich bald einen Dämpfer bekommt. Der Rest der Besatzung, äh: Besetzung, gleicht die Übertreibung gut aus.

Insgesamt ist Schachermaier eine runde Inszenierung gelungen. Statt zu versuchen, den Wälzer in zwei Stunden nachzuerzählen, schafft er Atmosphäre, wenn Ismael dem liebevollen Riesen Quiqueg begegnet (der hier nichts sagt, nur seinen Namen), an Bord die Furcht vor Ahab regiert oder Ismael einen Schädel ausweiden muss. Auch für Philosophisches und drastische Schilderungen der Walverarbeitung (nichts für Vegetarier!) ist Zeit. Als einzige Frau auf der Bühne gibt die Live-Musikerin Mary Broadcast Walgesänge und auch durchaus menschliche Songs zum Besten.

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