Eine Feier erinnerte an den Zeichner Rudi Schönwald, der die Schoah überlebte und Hitler imitierte
Die Kulturkritik der Woche
Ein Schutzwall des Schweigens habe ihn umgeben, sagt die Schriftstellerin Ditha Brickwell über ihren Freund, den Zeichner Rudolf Schönwald (1928-2022). Ein halbes Jahr nach Schönwalds Tod fand in dessen Josefstädter Wohnung eine kleine Feier statt, an der seine Lebensgefährtin Britta Schinzel oder auch sein Biograf Erich Hackl teilnahmen.
Nach außen hin gab sich Schönwald redselig. Er war als charmanter Anekdotenerzähler und virtuoser Stimmenimitator bekannt. Wenige wussten, dass das Kind einer jüdischen Familie den Holocaust wie durch ein Wunder überlebt hatte. Als Jugendlicher bekam er in einem Lager für befreite KZ-Häftlinge seinen ersten Applaus. Schönwald konnte die Reden Adolf Hitlers so gut imitieren, dass die Menge tobte. Das künstlerische Erbe ruht heute in Zeichenschränken. Bände von Bert Brecht verweisen auf Schönwalds kommunistische Vergangenheit. An der Wohnzimmerwand hängt ein Gemälde, das einen Wendepunkt markiert. Auf der Wiener Akademie malte der Student seinen Bruder, der als Ringer am Heumarkt Wettkämpfe bestritt. Der von Schönwald bewunderte Professor Fritz Wotruba, Vertreter einer moderaten Abstraktion, nahm das Bild herunter, denn er duldete keinen Realismus. "Das hat ihn so schockiert, dass er seither nur mehr zeichnete", erinnert sich Ditha Brickwell.
Die ehemalige Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi kommt seit den 50er-Jahren in das Haus in der Piaristengasse - auf ein Irish Stew mit Rudi: "Das wird wohl mein letzter Besuch sein." Der gekachelte Kohleofen und die Stifte auf dem Zeichentisch. Der von Gastgeber Dominik Nostitz kredenzte Gemischte Satz, der Lieblingswein Schönwalds: Alles da, nur einer fehlt.