Verpackung ist alles und Kleider machen Charaktere

FALTER:Woche, FALTER:Woche 19/2023 vom 10.05.2023

Sie hatte Mut zur Übertreibung, und in Monika von Zallingers Beruf ist das durchaus ein Vorteil: Die 83-Jährige war ihr ganzes Berufsleben lang Kostümbildnerin. Sie entwarf Kreationen für die Bühne, die die Emotionen der Schauspieler:innen bis in die letzte Publikumsreihe trugen. Selbst schneidern musste sie die Kostüme nicht, zeichnen aber schon.

Vor zwei Jahren schenkte die Wahlwienerin aus München dem Theatermuseum 400 Kostümzeichnungen für 13 in-und ausländische Inszenierungen, darunter Mozarts "Hochzeit des Figaro" (Semperoper, Dresden, 1995), Tankred Dorsts "Schattenlinie" (Akademietheater, Wien, 1995) oder Paul Engels zeitgenössische Oper "Daniel"(Staatstheater am Gärtnerplatz, München, 1994). Die Ausstellung "Mode für die Bühne" zeigt nun 100 dieser Werke samt Aufführungsfotos und einem halbstündigen Video-Interview, in dem die Künstlerin über ihre Zusammenarbeit mit Gewandmeistern oder Regisseuren spricht.

Bei von Zallinger lief es beruflich immer gut, mehr als ein halbes Jahrhundert lang punktete die studierte Kostümdesignerin durch die unsichtbare Gestaltungskraft ihrer Kostüme. Die Kreationen sollten den Figuren Glaubwürdigkeit und vor allem Tiefe geben. Bei Produktionen wie "Hoffmanns Erzählungen" waren die gezeichneten Gewänder historisch korrekt; bei einem Stück wie "Daniel" durfte sie sich auch modisch ausleben.

Welchen Schnitt hatten sie zur jeweiligen Zeit, welche Farben, welche Stoffe? Diese Fragen waren stets vor dem eigentlichen Kreativprozess zu klären. Die Blätter zeigen keine starren Figurinen, sondern bereits den Charakter der Inszenierung, ein Zusammenspiel der Protagonist:innen. Das macht von Zallingers Werke speziell. Sie arbeitete mit Größen wie Otto Schenk und Klaus Maria Brandauer, lebte in Metropolen wie Düsseldorf, Mailand, Athen und Amsterdam und reiste zu Manufakturen in Peru oder nach Lyon zu den Seidenwebern, um Stoffe einzukaufen. Entsprechend viel hat diese Frau zu erzählen. Neben Theaterfreaks sollte diese Schau Designkundigen und Kindern Spaß machen.

Theatermuseum, bis 6.11.

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