Wütend bis wurschtig: Drei Perspektiven auf die Klimakatastrophe
Es ist die Rückkehr der Falter, die bei T.C. Boyle die Hoffnung symbolisiert, dass es für die Erde womöglich doch noch nicht zu spät ist: "(...) und da waren sie: lange Girlanden aus Schmetterlingen, die mit zusammengelegten Flügeln von den Zweigen hingen, jeder ein Glied in der Kette." Freilich ist das nur ein kleiner Tupfer Optimismus am Ende eines sehr düsteren Buches im Zeichen von Wetterextremen, Alkoholismus, einer Armamputation nach einem Zeckenbiss und einem tragischen Kindstod.
In der deutschsprachigen Literatur gibt es noch kaum Romane über den Klimawandel; und wenn hiesige Autorinnen und Autoren sich der Thematik annehmen würden, wäre schwere Kost zu erwarten. Boyle ist ein mit den Wassern der Postmoderne gewaschener Literat und gleichzeitig ein Meister der Leichtigkeit. Seine Kernaussage, dass die Katastrophe eher nicht mehr abwendbar ist, macht er mit satirischem Witz und Galgenhumor erträglich.
Tragikomisches Anschauungsmaterial liefert ihm eine amerikanische Familie. Abwechselnd nimmt der Roman die Perspektive der Mutter Ottilie - die Stimme der Vernunft -, des Sohnes und der Tochter ein. Der junge Biologe Cooper gefällt sich in der Rolle des Untergangspropheten. Seiner Schwester Cat dagegen ist die Situation des Planeten herzlich egal, sie interessiert sich für Restaurants, Drinks und ihre Follower-Zahlen. Letztere will sie durch die Anschaffung eines Tigerpython ankurbeln.
Boyle macht sich zwar über seine Figuren lustig. Sie sind aber nicht nur lächerlich, mit all ihren Unzulänglichkeiten und Problemen wächst einem vor allem Cat ans Herz. Derweil steht die eine Hälfte der Welt unter Wasser, die andere trocknet aus. Kalifornischer Wein schmeckt nach Asche. Die Menschen passen sich an die Gegebenheiten an, so gut es geht. Prost, Mahlzeit!