Zum Türkischsein verpflichtet
Einwurf
Die Frage, warum 71,9 Prozent der Austro-Türken für Recep Tayyip Erdoğan gestimmt haben, wurde faktenreich beantwortet. So wurde über Minivans berichtet, die Wähler aus dem ganzen Land zu den Wahllokalen kutschierten. Oder über Fastenbrechen als Wahlkampfveranstaltung. Was aber sagt die Diaspora-Forschung dazu, dass Türken hierzulande noch konservativer wählen, dass Religion und Nationalismus hier noch stärker sind als in der Türkei?
Die Forschung zeigt, dass Migration eine dauerhafte Entkoppelung bedeutet, eine Loslösung. So wird durch Migration die Religion von ihrer Kultur gelöst. Von dem Milieu, wo sie als Tradition gelebt wurde. Damit verliert die Ausübung der Religion ihre Selbstverständlichkeit - und ihre mögliche Beiläufigkeit. An einem neuen Ort, in einer fremden Umgebung bekommt sie eine neue Funktion. Wenn sich also Türken in Österreich stärker an ihre Religion klammern als etwa in ihrem anatolischen Dorf, so liegt das daran, dass die Religion hier mehr erfüllen muss.