Buchkrieg im Edelbunker: "Das Rätsel"

FALTER:Woche, FALTER:Woche 22/2023 vom 31.05.2023

Um den Abschluss einer Bestseller-Trilogie weltweit zeitgleich zu veröffentlichen, heuert der machthungrige Verleger Éric Angstrom neun Übersetzerinnen und Übersetzer an. Zwecks Geheimhaltung sperrt er sie mehrere Monate in einen Edelbunker - Arbeiten in der Großraumbüro-Bibliothek, hernach Schwimmen im Pool, Bowling, Filmabende. Da taucht ein Erpresserschreiben auf: Sollte Angstrom nicht zahlen, würden Teile des Buchs geleakt. Im Bunker entbrennt ein wahrer Krieg zwischen dem skrupellosen Verleger und seinen neun Verdächtigen.

Der französische Thriller "Das Rätsel" von Régis Roinsard surft auf der aktuellen Whodunit-Welle, unterscheidet sich etwa von Kenneth Branaghs Agatha-Christie-Adaptionen oder den "Knives out"-Krimis aber durch einen grimmigeren Ton, denn es fehlt eine moralisch überlegene ermittelnde Instanz. Das Werk fasziniert zunächst mit seiner Bunkerkulisse, der Welt der Übersetzer und seinen spleenigen Charakteren. Später häufen sich Zeitsprünge und Wendungen, doch ist's nur halb gelungen: Die Figuren sind wenig nahbar, die Rätsellösungen werden nicht mit Eleganz, Lust oder Dringlichkeit, sondern in überstürzter, teilweise unglaubwürdiger oder verwirrender Manier präsentiert. Für Fans des Genres dennoch einen Blick wert.

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