„Es ist das verdammte 20. Jahrhundert!“
Ein nihilistisches Endzeitdrama im Gewand eines Western: Taylor Sheridans "1923" klopft amerikanische Mythen ab

Das Ideal der Freiheit nützt nur den Besitzenden: Helen Mirren als Cara Dutton (Foto: Paramount+)
Dass kein anderes Filmgenre so oft totgesagt wurde wie der Western, kümmert den US-Regisseur und Autor Taylor Sheridan wenig. Erstens, weil sich die Begräbnisreden seit Jahrzehnten nicht bewahrheitet haben, und zweitens, weil Sheridan überzeugter Texaner ist.
Wenn in "1923" der Rinderbaron Jacob Dutton (Harrison Ford) in einem Streit um Weideland also ein paar Schafzüchter aufknüpfen lässt, während seine Schwägerin Cara (Helen Mirren), mit der er nach dem Tod seines Bruders die Ranch und das Bett teilt, gleich in der ersten Szene brüllend einen Mann auf der Flucht erschießt, dann weiß man, womit - und mit wem - man es hier zu tun hat. Die Duttons sind jene Dynastie, über die Sheridan bereits in seiner Neowestern-Serie "Yellowstone" - sowie dem Prequel "1883" - erzählte: Die Familiensaga mit Kevin Costner als Nachfahre Jacob Duttons zählt vor der finalen Staffel in den USA zu den erfolgreichsten Serienproduktionen der vergangenen Jahre.