Einsame Spirituals für das 21. Jahrhundert
Justin Vernon kommt aus Wisconsin und vom Folk. Er hat wie Millionen anderer junger Menschen versucht, alleine mit der Gitarre glücklich zu werden. Nachzuhören auf dem waidwunden Debüt als Bon Iver, das 2008 unter dem Titel "For Emma, Forever Ago" erschienen ist. Es war ein erster Erfolg, aber happy wurde Vernon in dem Stil und als Solokünstler nicht. Inzwischen ist Bon Iver schon lange ein Bandprojekt im Zeichen von aufwendig erarbeiteten elektronischen Sounds und Bläserklängen.
Das Leiden als Grundgefühl aber blieb: Es steht im Zentrum der Songs, die sich oft von der traditionellen Liedstruktur lösen und in süßen Klangwelten zerfließen, während der Gesang durch diverse stimmverzerrende Gerätschaften verfremdet wird. Es sind einsame, nichtsdestotrotz erhebende Spirituals für Menschen des 21. Jahrhunderts.
Auf "I, I", dem 2019 erschienenen aktuellen Album, perfektionierte Vernon seine musikalische Formel. Das mit zahlreichen Mitstreitern -einem Bläserensemble etwa, Traurig-Popstar James Blake und dem US-Liedschmied Bruce Hornsby -entstandene Werk ist berührend, experimentell und bisweilen überwältigend schön. Nach einem Besuch 2012 sind Bon Iver nun wieder unter freiem Himmel in Wien zu erleben.