Vielleicht wird Sie dieser Beitrag irritieren

Jürgen Bauer
Spezial, FALTER 25/2023 vom 21.06.2023

Als die "Tagesschau" im August 2021 über Marina Oteros Stück "FUCK ME" berichtete, schickte die Moderatorin eine Warnung an das Publikum voraus: "Vielleicht wird der folgende Beitrag den einen oder anderen etwas irritieren." Immerhin stehen in der Aufführung gleich ein halbes Dutzend nackter Männer auf der Bühne.

Es hagelte trotz der Warnung Beschwerden. "Obszön, dekadent und abartig" sei das Gezeigte und den Zuseher:innen nicht zuzumuten. Dabei nutzt Otero Nacktheit keineswegs in plakativer Form, sondern zur ganz konkreten Erzählung ihrer eigenen Geschichte.

Die argentinische Tänzerin hat ihren Körper durch das Tanzen zugrunde gerichtet. Deshalb hat sie die gestählten Männer engagiert, nach einjährigem Krankenhausaufenthalt schaue sie lieber denen dabei zu, "wie sie ihre Körper für meine narzisstische Sache zur Verfügung stellen".

Die narzisstische Sache ist die autofiktionale Geschichte, die Otero erzählt. Als Enkelin eines Geheimdienstoffiziers der argentinischen Militärdiktatur bringt sie finstere Geheimnisse der Großeltern zur Sprache. "Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich als Heldin auf der Bühne stehe und an allem Rache übe", sagt sie. Nun macht sie aus persönlicher Geschichte offenen Protest. Quasi ein Lebensstriptease. Seelische an der Seite von körperlicher Nacktheit.

Düstere Themen behandelt auch "LOVE ME". Als Sequel zu "FUCK ME" angekündigt, erzählt das Stück von Oteros Abschied aus Argentinien und ihrer Flucht nach Spanien. Auch dieses Werk spricht über "die Dunkelheit und Gewalt, die ich in mir trage", und das mit vielschichtigem Text und explosivem Punk-Tanz.

FUCK ME 25.7., 21 Uhr und 27.7., 19 Uhr, Akademietheater

LOVE ME 28.7., 23 Uhr, Schauspielhaus

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

"FALTER Arena - Journalismus live" - Baumann/Klenk/Niggemeier/Thür - 1. Oktober, Stadtsaal
Diskussion zum Thema "Lügenpresse? Die Vertrauenskrise des Journalismus"