Ökothriller: Selbst am Artensterben wird Geld verdient
Diesen Namen bitte merken: Ned Beauman, 1985 in London geboren, ist eine der größten Entdeckungen der aktuellen englischsprachigen Literatur. Er trägt einen Vollbart, der an Clemens Setz gemahnt, und muss sich auch literarisch hinter dem Kollegen nicht verstecken. Sein neues Buch "Der Gemeine Lumpfisch" (im Original noch schöner: "Venomous Lumpsucker") zählt zu den gescheitesten Romanen der letzten Zeit.
Es geht um das Artensterben, angesiedelt ist die Geschichte in naher Zukunft. Im Mittelpunkt steht ein dubioses Unternehmen namens Brahmasamudram Mining Company, das im Tiefseebergbau tätig ist. Durch ein Versehen vernichtet es die letzten Exemplare eines Putzerfisches namens Gemeiner Lumpfisch, den die Wissenschaftlerin Karin Resaint gerade als besonders intelligentes Tier zertifizieren wollte.
Problem, Problem: Wer eine Spezies ausrottet, muss ein Auslöschungszertifikat erwerben - und bei hochstehenden Arten kann das ziemlich teuer werden. Existieren nicht doch noch irgendwo Lumpfische? Karin Resaint und Mark Halyard, der Umweltverträglichkeitskoordinator (was für eine euphemistische Jobbezeichnung!) bei Brahmasamudram, begeben sich auf eine wilde Jagd durch Nordeuropa. Derweil greifen Hacker die Biobanken an, in denen Gewebeproben gefährdeter Arten gespeichert sind.
Der Fisch ist Halyard egal, er will nur seine Karriere retten. Durch illegale Spekulationen hat er am Artensterben verdient - und damit seine Gourmet-Neigungen finanziert. Gutes Essen, das nach etwas schmeckt, ist nahezu unerschwinglich geworden.
"Der Gemeine Lumpfisch" ist ein hochliterarischer, intellektuell anregender Ökothriller: glänzend recherchiert und großartig geschrieben. Beaumans Überlegungen zur Situation des Planeten sind so luzide wie zappenduster. Sein Hang zum Absurden sorgt dafür, dass der Roman dennoch eine vergnügliche Lektüre ergibt.
Ned Beauman: Der Gemeine Lumpfisch. Aus dem Englischen von Marion Hertle. Liebeskind, 384 S., € 24,70