„Wir betreiben schon Evolution“
Der Geologieprofessor Michael Wagreich erklärt, warum wir im Zeitalter des Menschen angekommen sind

Die großen erdgeschichtlichen Veränderungen der Welt kann Michael Wagreich an Gesteinen ablesen Die Spuren der Wasserstoffbombenexplosion des Jahres 1952 findet man heute noch weltweitMichael Wagreich unter einem Dinosaurierskelett. Ein Asteroid beendete die Ära der Dinos vor etwa 65 Millionen Jahren (Foto: Heribert Corn)
Der Mensch hat die Erdachse verschoben. Durch die massenhafte Grundwasserentnahme und die Eisschmelze ist der Nordpol pro Jahr im Schnitt um 4,3 Zentimeter weitergewandert. Zu dem Befund kamen Wissenschaftler im Juni dieses Jahres. Und das ist nicht der einzige Eingriff: Im Juli erklärte ein anderes Forscherteam, dass der Mensch durch die Klimakrise und die Überdüngung die Zusammensetzung des Planktons in den Ozeanen verändert hat. Der blaue Planet ist dadurch ein wenig grüner geworden. Vor wenigen Tagen verzeichneten Meteorologen schließlich die weltweit heißeste Woche der Geschichte.
Wir leben in einer außergewöhnlichen Zeit. Hat der Mensch durch seine tiefgreifenden Veränderungen eine neue Epoche des Erdzeitalters eingeläutet? Im Jahr 2002 stellte der Meteorologe und Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen in der Fachzeitschrift Nature diese These auf: Das Holozän, das erst vor mehr als 11.000 Jahren begonnen hat, sei zu Ende. Wir befänden uns bereits im Anthropozän, im Zeitalter des Menschen (ánthropos ist das altgriechische Wort für Mensch).