Die Sehnsucht nach 08/15
Konservative Politiker fordern die Rückkehr zur Normalität – und werden dafür als faschistoid kritisiert. Doch der Wunsch nach Normalität treibt nicht nur rechte Agitatoren um

Noch Schnitzel oder schon Z-Wort-Spieß? Die Küche der 50er-Jahre als Inbegriff von Normalität (Foto: Dirk Eisermann/laif/picturedesk.com)
Mit Gespür für des Volkes Stimmung platzierte die ÖVP einen schillernden Begriff, die Normalität. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner brachte Anfang Juli die „normal denkende Mehrheit der Mitte“ in Stellung, die sich gegen radikale Positionen abgrenze. Bundeskanzler Karl Nehammer legte nach. In einem Video erklärte er, das Extreme sei der Feind des Normalen und eine Gefahr für die Gesellschaft. Er würde sich für „die Vielen, die Mehrheit“ einsetzen.
Der Appell an ein vernünftiges Maß hat auf den ersten Blick nichts Anstößiges. Wer würde sich nicht von islamistischen Hasspredigern und Neonazis abgrenzen? Sogar Nehammers Polemik gegen radikale Klimaaktivisten schließt an manche liberale Stimmen an. Woher also die Kritik, gar Wut, mit der die Aussagen etwa von Bundespräsident Alexander Van der Bellen kommentiert wurden? „Wer bestimmt, wer ‚normal‘ ist und wer nicht?“, fragte Van der Bellen.