Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär: „Past Lives – In einem anderen Leben“
Seit der Premiere von „Past Lives“ beim Filmfestival von Sundance ist ein leiser Hype rund um Celine Songs bemerkenswertes Debüt entstanden. Und der autobiografische Liebesfilm wird den hymnischen Kritiken tatsächlich gerecht. Zu Beginn sitzt Nora (großartig: Greta Lee) zwischen zwei Männern an einer Bar: ihrem Jugendfreund Hae Sung (Teo Yoo) und ihrem amerikanischen Mann Arthur (John Magaro). Wie es zu diesem Treffen kommt, erzählt der Film in drei Teilen.
Die zwölfjährige Nora, die noch Na Young heißt, verlässt mit ihren Eltern Seoul und ihre Jugendliebe Hae Sung, um einen Neustart in Kanada zu wagen. Nicht nur der koreanische Name wird zurückgelassen, sondern auch die Vorstellung eines Lebens. Zwölf Jahre später finden sich Nora und Hae Sung – sie Autorin in New York, er Student in Südkorea – in der digitalen Welt wieder. Es folgen nächtliche Skype-Gespräche, die mehr als platonisch sind und doch zu wenig, um romantisch zu sein. Weitere zwölf Jahre vergehen. Nora ist nun glücklich mit dem Autor Arthur verheiratet. Unvermittelt kündigt Hae Sung an, für einen Besuch nach New York zu kommen.
Doch statt eine konventionelle Dreiecksbeziehung zu erzählen, in der die Männer um das Liebesobjekt buhlen, lässt Song drei reife Erwachsene aufeinandertreffen, die sich auch wie Erwachsene zu verhalten suchen – wobei ihre Gefühle in Blicken, Lächeln und Zögern greifbar sind. Arthur witzelt, er wäre wohl in dieser schönen Geschichte einer Jugendliebe der böse, weiße Mann, der dem Schicksal im Weg steht. So besonnen es sich anhört, so viel panische Angst schwingt mit, seine Frau entgleiten zu sehen. Doch er hat nicht ganz unrecht. In der Bar, wenn Nora und Hae Sung koreanisch sprechen, bleibt Arthur außen vor. Hier sitzen sinnbildlich das Leben, das Nora gewählt hat, und das Echo eines möglichen Lebens, doch es ist keine Wahl zwischen richtig und falsch. Das macht den vielschichtigen Film so sehenswert. Es ist eine berührende und zugleich existenzielle Abhandlung über das Leben selbst. Und das ist nicht immer einfach.
Ab Fr im Kino (OmU im Filmcasino und Votiv)