Die doppelte Anna und wie ich sie kennengelernt habe
Von Herbst 2020 bis Frühsommer 2021 betreute ich in der Falter:Woche die Serie „Aus meiner Festung“. Ein langer Lockdown legte auch die Kulturwelt lahm, und wir baten Kunstschaffende verschiedenster Genres um Texte. Wie es ihnen in dieser so speziellen Zeit geht, sollten sie beschreiben; woran sie arbeiten und wie sich die Umstände auf Leben und Kreativität auswirken.
Das hatte viele schöne Beiträge zur Folge, unkonventionell, persönlich, berührend, teils amüsant, teils traurig. An zwei erinnere ich mich der Umstände wegen besonders gut. Da war die Musikerin, die nach einigem Zögern und Zaudern mehr als doppelt so viele Zeichen mailte wie vereinbart. Entsprechend viel Arbeit war es, aus der langen Wurst einen kompakten Text zu gestalten.
Mit dem Ergebnis waren wir letztlich beide zufrieden. „Jetzt kann ich es ja sagen“, gestand sie mir dann. „Es war seit meiner Deutschmatura vor 20 Jahren das erste Mal, dass ich etwas geschrieben habe. Und auf die Matura habe ich einen Fünfer bekommen.“ Quasi gegenteilig ist es mit der Theaterregisseurin Anna Marboe gelaufen (als Musikerin verkürzt sie ihren Namen auf Mabo).
Anstatt eines Textes schickte sie mir zwei grundverschiedene, in perfekter Länge und quasi druckreif. Sie habe eine Präferenz, aber ich möge entscheiden. Das tat ich und mailte ihr meine Begründung. „Ah, gut, danke“, kam zurück. „Ich sitze gerade am dritten Text, aber das kann ich jetzt ja lassen.“ So habe ich Anna Marboe kennengelernt. Sollte sie Ihnen trotz ihrer Produktivität noch nicht begegnet sein: In der Titelgeschichte erfahren Sie mehr über die 26-jährige Wienerin.